Die Kunst in den Zeiten der Covid-19
Stand: 13. Mai 2020
Wie für alle Selbstständige in prekären Arbeitsverhältnissen trifft die Pandemie sehr viele Kunstschaffenden besonders hart. Eröffnungen und Auftritte werden abgesagt, Galerien und Ausstellungsinstitutionen bleiben geschlossen, und sogar die Kunstproduktion kann in den meisten Fällen nur begrenzt fortgeführt werden. Dabei bleibt das größte Problem der breiten Mehrheit der Künstler*innen der Wegfall ihrer Nebenbeschäftigung, die für ihr finanzielles Überleben unabdingbar ist.
Nachdem die Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, Frau Pfeiffer-Poensgen, bereits am 13. März versichert hat, „Initiativen, Einrichtungen und Einzelkünstler, die durch die aktuelle Lage unverschuldet in existenzielle Nöte geraten sind, zu unterstützen“, werden die einzelne Maßnahmen nach und nach bekannt gegeben – auch auf dieser Seite. Wir sammeln also Informationen, die für bildende Künstler*innen hilfreich sein können. Und sind für Ihre Hinweisen, Ideen und Anmerkungen im Zusammenhang mit der aktuellen Krise sehr dankbar!
13.5 Die NRW-Soforthilfe und das MKW-Soforthilfe-Programm werden ausgeweitet
Die Verwendungsbedingungen der für bildende Künstler*innen in NRW relevanten Hilfsprogrammen wurden nachgebessert. Hier die (sehr) kurze Zusammenfassung:
– MKW-Soforthilfe-Programm („2.000€-Hilfe“): Antragsberechtigte, die bereits einen Antrag gestellt haben, bislang aufgrund der Mittelbegrenzung auf fünf Millionen Euro jedoch nicht zum Zuge gekommen sind, erhalten unter Nachweis ihrer künstlerischen Tätigkeit (Mitgliedschaft in Künstlersozialkasse oder anderem Künstlerbund) einen finanziellen Zuschuss für ihren Lebensunterhalt in Höhe von 2.000 Euro für die Monate März und April. Voraussetzung ist, dass sie im März und April keine Leistungen aus dem MKW-Programm, der NRW-Soforthilfe 2020 oder der Grundsicherung bezogen haben.
– NRW-Soforthilfe („9.000€-Hilfe“): Nach dem Willen der Bundesregierung darf die Soforthilfe nur für laufende betriebliche Sach- und Finanzaufwendungen verwendet werden und nicht für den Lebensunterhalt. Damit Solo-Selbstständigen, die im März und April keinen Antrag auf Grundsicherung gestellt haben, daraus kein Nachteil entsteht, gewährt die Landesregierung ihnen für diese Monate einen indirekten Zuschuss von insgesamt 2.000 Euro.
Mehr Informationen hier.
12.4 Handreichung für die Unterstützung selbstständiger und freier Kulturschaffender von ver.di
Unter den Maßnahmen gegen die Verbreitung des Covid-19 leiden nicht nur Künstlerinnen und Künstler. Veranstaltungsabsagen treffen diese Gruppe der Solo-Selbständigen und Freelancer im Kultur- und Kreativbereich besonders hart, weil sie meist prekär leben. Jetzt sind Kunstschaffende selbst, aber auch ihre Interessensvertretungen, die öffentliche Hand, Gesellschaft, Medien und Institutionen gefragt, sich für den Erhalt der lebendigen, freien und vielfältigen Kultur einzusetzen. Denn Kultur ist mit ca. 1,7 Millionen Kernbeschäftigten insgesamt (und davon ca. 500.000 Soloselbständigen) nicht nur drittstärkster Wirtschaftsfaktor (in Deutschland), sondern auch Grundnahrungsmittel einer freien und demokratischen Gesellschaft – und wird, gerade jetzt, wenn Sozialkontakte vermieden werden sollen und die häusliche Freizeit gefüllt werden will, mehr denn je genutzt werden. Gleichzeitig werden Autorinnen/Autoren und Künstlerinnen/Künstler dabei hohe Verluste durch ausfallende Engagements erleiden. Diesen Widerspruch gilt es aufzulösen – denn wer die Kultur für morgen erhalten will, sollte sich heute für sie einsetzen.
Mehr dazu hier
31.3: Erklärung Verbände bildender Künstlerinnen und Künstler
die angekündigten Nothilfepakete der Bundesregierung sind nun als Gesetze beschlossen: das „Sozialschutz-Paket“ und die „Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbständige“. In Ergänzung zu den bereits beschlossenen Maßnahmen haben die Verbände Bildender Künstlerinnen und Künstler eine gemeinsame Erklärung mit Forderungen zur Erweiterung der bereits getroffenen Hilfen verfasst. Die vollständige Erklärung ist in der Anlage zu finden. Aktuelle und weiterführende Informationen, sowie Links zu Hilfsprogrammen gibt es unter: https://www.bbk-bundesverband.
30.3: Soforthilfe („9.000€-Antrag“)
Vor rund zwei Wochen hat das Kulturministerium die Beantragung einer Soforthilfe von 2.000 Euro für Kreativschaffende ermöglicht. Und zwar unabhängig davon, ob der Antragstellende eine Gewerbeanmeldung hat oder nicht. Da Freiberufler in der Regel kein Gewerbe angemeldet haben, konnten sie diese Soforthilfe auch beantragen. Jetzt können sie zusätzlich dazu noch die 9.000 Euro-Soforthilfe des Landes NRW beantragen. Hier ist nämlich jetzt die Hürde weggefallen, dass für die Antragstellung eine Gewerbeanmeldung vorliegen muss. Eine Kombination der 2.000 Euro- und 9.000 Euro-Hilfe wird somit möglich.
Die Antragsfrist für die Zuschüsse ist bis zum 31.05.2020 verlängert worden. Außerdem wurde der Hinweis aufgenommen, dass der Antrag erst gestellt werden soll, wenn die Voraussetzungen auf das Unternehmen zutreffen. Damit wird dem Rechnung getragen, dass der relevante Zeitraum für den zu erwartenden Umsatzeinbruch erst am 16.03.2020 begonnen hat und sich in vielen Fällen die gravierenden Auswirkungen erst im April/Mai 2020 zeigen werde. Sollten Sie unsicher sein, ob die Umsätze tatsächlich unter die 50% Grenze fallen werden, empfehlen Steuerexperten, dennoch den Antrag kurzfristig zu stellen. Schließlich wird es einige Zeit dauern, bis die Anträge abgearbeitet sind und das Geld ausbezahlt werden kann. Sollte sich bis dahin abzeichnen, dass sich Ihre Umsätze besser entwickeln als vorhergesehen, können Sie dies anzeigen, den Antrag zurückziehen und den Zuschuss zurückzahlen.
Um besondere Härtefallsituationen möglichst zu vermeiden, sollten Sie nach erfolgreicher Antragstellung auf Soforthilfe mit der Antragsbestätigung bei Ihrer Hausbank vorsprechen und ggf. nach Möglichkeiten einer Vorfinanzierung des zu erwartenden Zuschussbetrages fragen.
27.3: Pauschalbetrag für Ausstellungsausfälle
Viele bildende Künstlerinnen und Künstler haben in den ersten Tagen des Soforthilfeprogramms zurecht beklagt, dass ein Nachweis über einen Verdienstausfall für sie unmöglich ist, weil in der Regel ausfallende Verkaufsausstellung (z.B. Vernissagen, Versteigerungen u.ä.) der Grund dafür sind. Die Bezirksregierungen haben deshalb nachgesteuert. Für jede nachgewiesene ausgefallene Veranstaltung zahlt das Land pauschal 300 € bis zu der im Programm vorgesehenen Grenze von 2000 € pro Person.
Zusätzlich zeichnet sich ab, dass über den Bundesrettungsschirm Kosten für Miete, Material und Ähnliches geltend gemacht werden können. Bitte informieren Sie sich fortlaufend!
Was passiert mit freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern, die in Not geraten und nicht Mitglied der KSK sind?
Ein Teil dieses Programms ist als Fond zur Unterstützung von sogenannten Härtefällen reserviert. Die Gewährung des Zuschusses erfolgt in diesem Fall im Rahmen einer Einzelfallprüfung. Aufgelegt wird dieser Fonds für Künstlerinnen und Künstler, die eine Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse nicht nachweisen können, aber dennoch professionell und selbständig tätig sind. Der Nachweis über die künstlerische Tätigkeit ist durch die Mitgliedschaft z. B. in einer künstlerischen Vereinigung zu erbringen.
Was tun bei Einnahmenausfällen?
Dokumentieren Sie Ihre Ausfälle!!
Selbständige in der Künstlersozialversicherung versicherte Künstlerinnen und Künstler sollten jetzt, wenn sie absehen können, dass sie das im Voraus gemeldete Einkommen nicht erreichen, direkt eine neue Einkommensschätzung an Künstlersozialkasse senden. Die Künstlersozialkasse hält hierfür eine Reihe an Formularen bereit.
Weitere Informationen auf der ver.di-Seite.
Aussetzung und Herabsetzung von Steuerzahlungen
Auf Antrag können laufende Vorauszahlungen zur Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer herabgesetzt oder ausgesetzt werden. Fällige Steuerzahlungen lassen sich stunden, Säumniszuschläge können erlassen werden. Auf Vollstreckungsmaßnahmen kann vorübergehend ebenso verzichtet werden. Bitte nehmt Kontakt zu eurem zuständigen Finanzamt auf.
Umgang mit Tätigkeitsverboten
Wer aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) einem Tätigkeitsverbot unterliegt und einen Verdienstausfall erleidet, ohne krank zu sein, erhält grundsätzlich eine Entschädigung. In Nordrhein-Westfalen sind die Landschaftsverbände Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) für die Entschädigung je nach dem Sitz der Betriebsstätte zuständig. Bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für längstens sechs Wochen, soweit tarifvertraglich nicht anders geregelt, die Entschädigung auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag vom Landschaftsverband Rheinland erstattet. Ab der siebten Woche wird die Entschädigung auf Antrag des Betroffenen vom LVR-Fachbereich Soziale Entschädigung an diesen direkt gezahlt.
Selbstständig Erwerbstätige stellen den Antrag auf Entschädigung direkt beim Landschaftsverband Rheinland. Voraussetzung für den Erhalt einer Entschädigung ist ein Verdienstausfall infolge eines Tätigkeitsverbotes bzw. einer Absonderung nach Infektionsschutzgesetz (IfSG). Der Antrag auf Entschädigung muss schriftlich innerhalb von drei Monaten nach Einstellung des Tätigkeitsverbots oder Ende der Absonderung beim LVR-Fachbereich Soziale Entschädigung gestellt werden.
Absage des Auftritts
Für bildende Künstler*innen in den Bereichen Performance, Klangkunst, Film und Video, etc, deren öffentlichen Auftritt abgesagt wurde, gelten folgende „Handlungsempfehlungen zum Schutz von freiberuflich arbeitenden Künstler*innen und Veranstalter*innen“, verfasst vom Verein Freies Ensemble und Orchester in Deutscland (FREO):
Die effizienteste Form von Hilfe ist die Sicherstellung, dass geschlossene Verträge zwischen Veranstalter*innen und freien Akteur*innen im Kultursektor nicht unter Force Majeure komplett aufgehoben werden, sondern für die freien Akteur*innen faire Ausfallbedingungen verhandelt werden können. Dies beschränkt eine riesige Vereinzelung der Notlagen und einen damit einhergehenden riesigen Verwaltungsaufwand in der Organisation von Unterstützung an Einzelne. Folgende Maßnahmen sind dafür zu nennen:
a) Es sollten keinerlei öffentliche Förderungen wegen Ausfall von einzelnen Veranstaltungen oder eines ganzen Festivals nicht ausgezahlt oder zurückgefordert werden. Dadurch sollen Veranstalter*innen in die Lage versetzt werden, zumindest einen Teil der Künstlerhonorare für abgesagte Veranstaltungen zahlen zu können. Zu den Künstler*innen zählen auch freie Techniker*innen, Projektmanager*innen, Maskenbildner*innen und andere Berufe „hinter der Bühne“, die genauso von den Ausfällen in dramatischer Weise betroffen sind. Bei der Auszahlung von Ausfallhonoraren sollten freischaffende Künstler*innen und freie Ensembles gegenüber solchen, die durch Festanstellung abgesichert sind, bevorzugt behandelt werden.
b) Ergänzend ist zu überlegen, wie auch zusätzliche Hilfen an die Vertragspartner der freien Akteur*innen diese in die Lage versetzen, Auslagen zu ersetzen und angemessene Ausfallhonorare zu zahlen, statt alle zugesagten Leistungen streichen zu müssen.
c) Von mehreren Seiten wurden u.a. unter dem hashtag #ichwillkeingeldzurück Kampagnen gestartet, die das Publikum bitten, nicht den Kaufpreis von Tickets für ausgefallene Veranstaltungen insbesondere freier Künstler*innen und Veranstalter*innen zurück zu fordern. Die Kulturstaatsministerin sollte dies aufgreifen und öffentlich unterstützen.
d) Ebenfalls in Zusammenhang mit den Vertragsaufhebungen ist festzuhalten: Verschiebungen von Veranstaltungen auf spätere Zeitpunkte (etwa die nächste Saison, das nächste Jahr) dürfen nicht als gleichwertige Ersatzleistung zum abgesagten Engagement betrachtet werden. Eine Verschiebung ist nicht gleichbedeutend mit dem Erhalt des wirtschaftlichen Werts des Engagements für freie Akteur*innen. Vielmehr ändert es in den meisten Fällen nichts am akuten Einnahmeverlust.